Die 300 Jahre alte Schwarze Pädagogik – oder „Du sollst nichts sehen, nichts hören und nichts sagen“

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Seit etwa 300 Jahren wird der westliche Kulturkreis von einer besonderen „Schwarzen Pädagogik“ geprägt, deren Umsetzung auch heute noch überaus destruktive Früchte trägt.

Welchen Geist die „Schwarze Pädagogik“ transportiert und welche Wirkungen sie ausüben kann, wird durch die folgenden Ratschläge an alle Eltern und Pädagogen deutlich, die wir in dem Buch „Schwarze Pädagogik“ von Katharina Rutschky, Ullstein Verlag, 1984: finden: „[…] Es ist ganz natürlich, dass die Seele ihren Willen haben will, und wenn man nicht in den ersten zwei Jahren die Sache richtig gemacht hat, so kommt man hernach schwerlich zum Ziel. Diese ersten Jahre haben unter anderem auch den Vorteil, dass man da Gewalt und Zwang brauchen kann. Die Kinder vergessen mit den Jahren alles, was ihnen in der ersten Kindheit begegnet ist. Kann man da den Kindern den Willen benehmen, so erinnern sie sich hernach niemals mehr, dass sie einen Willen gehabt haben und die Schärfe, die man wird brauchen müssen, hat auch eben deswegen keine schlimmen Folgen.“ S.173 f., J. Sulzer: Die zwei Hauptaufgaben der Kleinkindererziehung, 1748.

„[...] Durch alle Heere des deutschen Reiches geht gegenwärtig ein und dasselbe Kommando; und wenn ein Befehlshaber, sei es auch nur der stellvertretende Unteroffizier, vom Fels zum Meer oder vom Meer zum Fels versetzt wird, so weiß er, wie und was er zu kommandieren hat, und die Untergebenen wissen, wie sie das Kommando auszuführen haben.

Dieselbe Übereinstimmung und den bekannten Korporalton für die Volksschule zu verlangen, wäre eine Torheit. Aber mehr als anderswo heißt es hier: Lerne vom Militär. Auf das Militär sehend lernen wir: 1. dass das Kommando bestimmt sein muss, d. h. nur eine Auslegung zulassen darf; 2. dass es kurz sein, d. h. aus möglichst wenig Silben bestehen muss; 3. dass es immer wieder in der selben Form wiederkehren muss, heute, wie es gestern, und morgen, wie es heute gegeben worden ist; 4. endlich, dass es der präzisen Ausführung wegen in manchen Fällen vorbereitet werden muss. Für die Volksschule unterscheiden wir das Ordnungskommando, das Revisionskommando, das Kommando beim Unterrichten und das Kommando vor dem Hinausgehen.

Das Haupt-Ordnungskommando lautet: Ordnung, dem militärischen „Stillgestanden“ vergleichbar. In ihm sind alle einzelnen Kommandos enthalten, welche sich auf die Haltung und Stille der Schüler beziehen, also die bei schwachem Regiment die ganze Stunde hindurch wiederholten Kommandos: Gerade sitzen ! Ruhe ! Mund halten ! Vordermann Füße still ! Steht auf ! Setzt euch ! und dergleichen. Bei straffem Regiment werden Kommandos der letzteren Art nur dann gegeben, wenn das Hauptordnungskommando nicht in allen seinen Teilen pünktlich und exakt ausgeführt worden ist.
Das Revisionskommando wird angewendet, um zu sehen, ob die Griffel gespitzt, die Tafeln abgewischt, die Hände gewachsen, die Hefte liniert sind usw. Es lautet: Griffel hoch ! Tafeln hoch ! Hände hoch ! Hefte zeigt ! und nach beendigter Revision: Ab !
Das Kommando beim Unterrichten Zu Anfang der Lektion heißt es: Bücher vor ! Fertig zum Schreiben ! - zum Rechnen ! - zum Zeichnen ! Solche Kommandos, wie die letzten 3 bedürfen, weil eine augenblickliche Ausführung derselben nicht möglich ist, einer Ergänzung durch Zählen Eins ! Zwei ! Drei !
Das Kommando vor dem Hinausgehen in den Zwischenstunden und am Schluß der Schulstunden lautet: Bücher weg ! oder Bücher zusammen ! Abtreten ! erste Bank ! usw.

Allein bei der großen Verschiedenartigkeit der Kommandos ist es ratsam, einige der Kommandos durch Zeichen zu ersetzen und zwar diejenigen, für welche sich natürliche Zeichen ohne weiteres darbieten. So genügt statt des Kommandos „Ordnung !“ ein dreimaliges, immer in derselben Weise ausgeführtes Klopfen. Statt des Kommandos „Steht auf !“ „Setzt euch !“ genügt eine einfache Handbewegung nach oben oder unten. In dieser Beziehung ist die Schule die beste, in welcher am wenigsten kommandiert und doch alles präzis nach Kommando ausgeführt wird. Die Ausführung der Kommandos muss eingeübt werden, damit dem Lehrer das Kommandieren, dem Schüler die pünktliche Befolgung zur zweiten Natur werde. Ein „sich gehen lassen“ auf dieser oder jener Seite ist von den nachteiligsten Folgen. Die Zucht einer Schülermasse gelingt umso besser, je mehr der Lehrer sich selbst in Zucht hält.“ S.243, H.F. Kahle: Die Militarisierung der Schulsprache, 1890.

Diese Beispiele von den mehr als 200 pädagogischen Originalauszügen, die im Buch „Schwarze Pädagogik“ aufgeführt sind ( siehe Inhaltsangabe: http://library.mpib-berlin.mpg.de/toc/z2009_1505.pdf ), repräsentieren den Geist der deutschen Pädagogik in den letzten 300 Jahren. Sie ermöglichen dem Betrachter ein greifbares Verständnis dafür, wie es kommt, dass das deutsche Volk eine besondere Autoritätshörigkeit und eine daraus resultierende Anfälligkeit für jäh einsetzende Ängste und latente Angsterkrankungen entwickelt hat. Noch 1960 gab es in Deutschland pädagogische Ratgeber, die den Eltern empfohlen haben, ihr Baby einfach schreien zu lassen, wodurch notwendig in den betroffenen Babys eine „stille Verzweiflung“ entstanden ist. Welche Folgen dies zeitigt, wird nur demjenigen klar, der sich vor Augen hält, dass derartige Erfahrungen einen fundamentalen Vertrauensverlust des Kindes in seine wichtigsten Bezugspersonen zur Folge haben. Für ein Kind, das von seinen Eltern in einer essenziellen Weise abhängig ist, bedeutet eine solche Erfahrung einen psychologischen Fall ins Bodenlose.

Eine wesentliche Wurzel für das Aufkommen einer schwarzen Herrschaftspädagogik in Deutschland finden wir in der Tatsache, dass alle preußischen Könige nach dem Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648 eine calvinistische Erziehung der hugenottischen Art erhalten haben. Einen ersten Eindruck von der Vorstellung der Calvinisten in Bezug auf die kulturelle Autorität und den geforderten Gehorsam des „kleinen Mannes“ vermittelt der folgende Auszug aus dem Lehrbuch „Christianae religionis Institutio“ von Johann Calvin:
[...]„Der Untertanen erste Pflicht gegen die Obrigkeit ist, ihr Amt ganz in Ehren zu halten, so, dass sie dasselbe als von Gott eingeführt anerkennen, und sie deswegen hochachten und wertschätzen. Wenn Petrus gebietet, dass man den König ehren soll, so versteht er unter dem Wort Ehre eine reine aufrichtige Hochachtung. 1 Petr. 2,17: „Und wenn Salomo will, dass man Gott und den König fürchten soll (Sprüchw. 24,21.), so gibt er dadurch, dass er den König neben Gott stellt, zu erkennen, dass man die Würde des Königs mit wahrer Ehrerbietung anerkennen soll. Und wenn Paulus sagt (Röm. 13,5.), dass wir der Obrigkeit nicht allein der Strafe wegen, sondern auch Gewissenshalber untertan sein sollen: so zeigt er hiermit an, dass die Untertanen sich nicht allein aus Furcht zum Gehorsam erweckt fühlen sollen, sondern darum, weil ein solcher Gehorsam 688 Gott selbst geleistet wird, indem ihre Gewalt von Gott ist.“[...]

[…] „Zu diesem Gehorsam gehört auch, dass Privatpersonen sich still und eingezogen halten, sich nicht vorwitzig in öffentliche Händel mengen, oder freventlich der Obrigkeit in ihr Amt fallen, und überhaupt ohne ihren Befehl nichts öffentlich anfangen. Und selbst dann, wenn eine Obrigkeit böse ist, und die Untertanen drückt, müssen diese ihr dennoch gehorsam sein, weil auch sie von Gott eingesetzt ist, wenn auch nur, um durch dieselbe die Sünden seines Volkes zu bestrafen; so, dass also die Untertanen nicht befugt sind, solchem Unwesen ein Ende zu machen. (Dan. 2,37. 5,18. Jer. 17,5. 27,17. Sprüchw. 28,2. Hiob 12,18. 1 Sam. 24,11.).“ [...]

Die Tatsache, dass der Calvinismus eine große Anhängerschaft gefunden hat und einen großen Einfluss auf die kulturelle Entwicklung in Europa und Amerika hatte, macht deutlich, welch eine krankhafte und abartige Glaubenswelt in der westlichen Kultur seit 300 Jahren „normal“ geworden ist und bis heute in einer direkten und indirekten Weise auf das Denken und Handeln der westlichen Menschen nachwirkt.

Wir finden bereits seit dem Beginn der Hochkulturen in Mesopotamien und Ägypten vor 5000 Jahren eine mehr oder weniger die Verhaltensweisen des Menschen stark beeinträchtigende „Schwarze Pädagogik“ innerhalb der menschlichen Kulturgeschichte. Durch die zentralisierte, von einer „obersten Autorität“ gestaltete Einteilung des Menschen in die verabsolutierten Kulturstände von „Herrenmenschen, Dienermenschen und Sklavenmenschen“ ist zwangsläufig eine erste künstliche Erziehungs-Pädagogik der autoritären Art entstanden, da sich eine Standeskultur nur durch eine Anpassung der Menschen an ihr jeweiliges „Kulturschicksal“ in einer nachhaltigen Weise aufrecht erhalten kann. Dadurch hat der Mensch seine natürliche, relative, sozial-symbiotische Gemeinschaftsgestaltung durch eine übernatürliche, absolutistische und parasitäre Gemeinschaftsgestaltung ersetzt, die zwangsläufig durch einen ständigen Krieg gegen die eingeborene menschliche Natur und durch verschiedene kulturelle „Sachzwänge“ aufrecht erhalten wurde und wird.

Heute wissen wir, dank der Symptom-Analysen der Psychologie, dass ein absolutistisches Erziehungsverhalten von Eltern oder Pädagogen für die Natur der Kinder unerträglich ist, so dass vor allem bei einer strengen machtbetonten Erziehung der sadistischen Art sogenannte traumatische Erfahrungen für die Kinder entstehen. Derartige unerträgliche Erfahrungen können von der menschlichen Natur nicht verarbeitet werden und bilden ständige Störfaktoren im Sinne von freien ideologischen Radikalen innerhalb der kindlichen Gedanken und Gefühlswelt, die in der Regel das ganze Leben lang wirksam bleiben.

Alle Formen von unerträglichen, widernatürlichen Gedanken und Emotionen lösen übernatürliche Ängste und Reaktionen der panischen und allergischen Art in den betroffenen Kindern aus, da sie anders als junge Tiere eine lange Zeit relativ hilflos bleiben und von den Eltern in einer besonderen Weise abhängig sind. Wir haben es daher bei panischen und allergischen Reaktionen der Kulturkinder in der Regel mit Existenzängsten zu tun, die die psychische Verfassung erheblich beeinträchtigen. Kommt es dadurch so weit, dass das Grundvertrauen eines Kindes in seine Eltern und in das Leben angeschlagen ist, dann entwickelt das Kind eine Anfälligkeit für übertriebene Angstreaktionen und eine Neigung, sich zu viele Sorgen um die Zukunft zu machen. Eine derartige Seelenlage ist nur durch eine soziale Gemeinschaft zu heilen, die erkannt hat, wie unnatürlich und destruktiv jede Art der absolutistischen, autoritären und sadistischen bzw. der „schwarzen“ Erziehung ist. Der Mensch ist und bleibt aufgrund seiner besonderen natürlichen Beschaffenheit beständig von einer sozialen Gemeinschaft abhängig und kann sich daher nur in einer sozialen Gemeinschaft, in der er sich sicher fühlt, auf eine gesunde, biologische Weise organisieren.

Es ist eine grundlegende Tragik jeder Standeskultur, dass sie den Menschen an ihre unnatürliche Konstitution „anpassen“ muss, so dass sie nicht an freien, starken, sozial-symbiotischen Menschen, sondern an gefangenen, schwachen und sado-masochistisch sich organisierenden Menschen interessiert ist, die sich entweder auf eine „selbstlose“ oder aber auf eine egozentrische Weise organisieren. Wir finden daher auch heute noch innerhalb der Standeskultur das Phänomen, dass der einfache Mensch mit Hilfe einer widernatürlichen Ideologie oder durch übernatürliche schockierende Erlebnisse aus seiner natürlichen Fassung gebracht wird und eine latente Neigung zu panischen und allergischen Reaktionen entwickelt. Dadurch wird es den Herrenmenschen in der Standeskultur möglich, die Standeskultur in einen ständigen Kriegsschauplatz von ideologischen, emotionalen und materiellen Konflikten zu verwandeln und die soziale Verbundenheit des Menschen in einer wirksamen Weise zu minimieren („Teile und Herrsche“). Um diese „normale“ Zersetzung der sozialen Verbundenheit in einer nachhaltigen Weise aufrecht zu erhalten, fördert die Standeskultur ein absolutistisches Weltbild und baut dadurch ein künstliches ideologisches und emotionales Spannungsfeld der übernatürlichen Polaritäten innerhalb der Kultur auf. Anders als die natürlichen Polaritäten (hell-dunkel, + und -), die sich gegenseitig dynamisch ergänzen, schließen sich diese künstlichen ideologischen und emotionalen Polaritäten gegenseitig aus (gut-böse, Freund-Feind, Gott-Teufel). Dadurch erzeugt die Standeskultur im Kulturmenschen ein unnatürliches mentales Gefängnis durch chronisch werdende ideologische und emotionale Konflikte, die vor allem innerhalb einer beängstigenden Kulturkrise eine Hochkonjunktur erfahren. Durch eine derart tragische latente Entwicklungspotenz können die Herrenmenschen einer Standeskultur durch die gezielte Förderung von Kulturkrisen und durch die Verabschiedung von entsprechenden Notstandsgesetzen ihre Macht über den einfachen Kulturmenschen nicht nur nachhaltig aufrecht erhalten, sondern auch in einer fortschrittlichen Weise steigern.

Da der „Kulturmensch“ innerhalb einer Standeskultur nur „Waffenstillstände“, aber keinen wirklichen inneren oder äußeren Frieden erreichen kann, ist und bleibt er ein künstliches Geschöpf einer unnatürlichen und widernatürlichen Kulturgestaltung. Dieses Geschöpf kennzeichnet sich durch eine vergiftete Gedanken- und Gefühlswelt, die einen ständigen Konflikt mit der eingeborenen Natur austrägt. Die heutige kapitalisierte und industrialisierte Standeskultur gleicht daher einer künstlichen Maschine, die kleine und große Probleme und Krisen am laufenden Band produziert. Für den daraus resultierenden chronischen Krieg, den jeder Mensch zwangsläufig gegen alles Natürliche führt, ist der Mensch bis heute relativ blind und bewusstlos geblieben. Dadurch feiern heute viele Menschen den Menschen auf eine tragische und groteske Weise für seine „Verbesserungen“ der Natur und kultivieren einen blinden Größenwahn, der dazu führt, dass der Mensch alle Arten der modernen Kriegsführung unwidersprochen sanktioniert und finanziert.

Dies führt notwendig dazu, dass der moderne Mensch innerhalb seiner Standeskultur kein ausreichendes soziales Sicherheitsgefühl mehr erreichen kann, so dass er dafür anfällig geworden ist, nach einer materiellen Ersatzversicherung zu streben. Das gibt den Herrenmenschen der heutigen Standeskultur ein äußerst wirksames zusätzliches Herrschaftsinstrument an die Hand, das Geld. Jeder Versuch des Kulturmenschen, für seine innerhalb der Standeskultur grundsätzlich nur mangelhaft erfüllten sozialen Bedürfnisse eine Ersatzbefriedigung zu organisieren, endet in der Regel in einer tragischen Suchtentwicklung. Indem der Mensch seine Hoffnungen auf eine innere Befriedigung durch künstliche Ersatzmittel setzt, betreibt er einen Teufelskreis einer „immer mehr derselben“ vergeblichen Ersatzbefriedigung, die zunehmend gefährlich und kostspielig wird. Durch den individuellen Komplex an Suchtentwicklungen, den nahezu jeder Mensch heute kultiviert, hat die Arbeit und das damit verdiente Geld eine besondere, übernatürliche Bedeutung für den Kulturmenschen erlangt. Alleine für die Finanzierung der „normal“ gewordenen Suchtentwicklungen für Tabak, Alkohol, Zucker, Drogen, Sex, Konsum und Spiel gibt der Mensch heute Unsummen aus. Auch die Sehnsucht wird für den Menschen immer wieder zu einer teuren Angelegenheit, da sie ihn unter anderem für eine parasitäre Ausbeutung durch andere Menschen anfällig werden lässt.

Die „normalen“ immer mehr ausufernden Suchtneigungen des heutigen Kulturmenschen machen deutlich, dass die kulturellen Existenzbedingungen unerträglich für den Menschen geworden sind. Dadurch flüchtet der Kulturmensch entweder in übernatürliche Erlebnis-Sensationen, in eine absolutistische Gleichgültigkeit oder in schönere esoterische und mystische Phantasiewelten, um die gefühlte Unerträglichkeit auf eine wirksame Weise zu neutralisieren. Notwendig ist eine solche Flucht eine existenzielle Falle, da sie die wirksame Beseitigung der Ursachen für die chronische Unerträglichkeit der Kultur durch ein gezieltes Streben nach einer natürlichen Kulturorganisation wirksam verhindert.

Die bewusste Konfrontation der unerträglichen Konstitution der heutigen Standeskultur erfordert eine gewisse Nervenstärke, da der Herrenmensch in den letzten 5000 Jahren ein professionelles unerträgliches Verhalten der anmaßenden und vereinnahmenden Art entwickelt hat, das geeignet ist in den damit konfrontierten Menschen eine panische oder allergische Reaktionen auszulösen. Da der Herrenmensch grundsätzlich ein widernatürliches und asoziales Verhalten der bodenlosen Art generiert, kann der „einfache“ Mensch darauf keine direkte reaktive Gegenwehr entwickeln, die nicht ebenso widernatürlich und bodenlos ist. Der einfache Mensch hat daher nur die Möglichkeit, sich auf eine indirekte Weise zur Wehr zu setzen, indem er dem Herrenmenschen in einer grundsätzlichen Weise den existenziellen Boden unter den Füßen wegzieht. Sobald ein Mensch die Narrative der Standeskultur nicht länger akzeptiert und angesichts der Kulturgeschichte der letzten 300 Jahre ein Tabu für jede Art der sado-masochistischen Gesellschaftsorganisation befürwortet, entzieht er dem Herrenmenschen die ideologische Immunisierung und Deutungshoheit, die der Standeskultur seit 5000 Jahren ihren „Erfolg“ ermöglicht.

Die Voraussetzung für eine solche persönliche Emanzipation ist die aktive Aufarbeitung der eigenen Geschichte innerhalb der heutigen Standeskultur. Je unnatürlicher, sadistischer und unerträglicher sich die eigene Familie und Lebensumgebung organisiert hat, desto mehr hat der erwachsen gewordenen Mensch mit inneren Unsicherheiten, falschen Vorstellungen und verzerrten Verhaltensgewohnheiten zu kämpfen. Da das menschliche Kind ohne einen ausgeprägten tierischen Instinkt auf die Welt kommt, entwickelt das Kind durch das Instrument der sogenannten Identifikation mit seinen Eltern eine persönliche, individuelle Überlebensstrategie für sich selbst, die von dem Familien- und Gesellschaftsmilieu geprägt wird, in dem das Kind aufwächst. Je widernatürlicher und verstörender dabei die kindlichen Identifikationen ausfallen, desto mehr versucht das Kind die störenden Anteile seiner Identifikationen durch innere ideologische und emotionale Kämpfe zu neutralisieren.

Das von der Psychologie festgestellte Krankheitsbild der „Identifikation mit dem Aggressor“ macht deutlich, dass ein solcher Versuch in eine tragische Fehlentwicklung führen kann. Das von der Standeskultur traditionell geförderte Ideal der Selbstlosigkeit führt für viele Kinder der Kultur zu der Erfahrung, dass die umgesetzte Selbstlosigkeit eine Neutralisierung der persönlichen Konflikte zur Folge hat, da dort, wo kein Ich mehr existiert, auch keine Ängste, Schmerzen und Konflikte mehr spürbar sind. Dies verleitet nicht wenige Kinder dazu, eine folgenreiche „Identifikation mit dem Aggressor“ zu vollziehen, die wir als eine absolutistische und bedingungslose Identifikation mit autoritär sich verhaltenden Eltern begreifen können. Diese vordergründige „Lösung“ ist ein direkter Affront gegen die eingeborene Natur und stellt einen grundlegenden Selbstverrat des Kindes dar, der erhebliche Konsequenzen zeitigt. Durch die absolutistische Identifizierung mit den Eltern entwickelt das Kind eine destruktive Hörigkeit gegenüber den Eltern, die in besonders schwerwiegenden Fällen bis zu einer Besessenheit durch die verinnerlichten Identifikationen reichen kann.

Die von der Standeskultur seit jeher anempfohlene scheinbar einfache Organisationslösung der „Selbstlosigkeit“ stellt daher eine überaus gefährliche und folgenreiche Falle für den Kulturmenschen dar. Sie verzerrt das natürliche Denken, Fühlen und Verhalten der Kinder auf eine fundamentale Weise und verwandelt natürliche, lebendige Kinder in „brave“, hörige Kulturkinder, die kein natürliches Ich und damit auch keinen natürlichen Eigenwillen mehr in einer ausreichenden Weise geltend machen können. Stattdessen entwickeln die betroffenen Kinder künstliche gesellschaftsfähige Verhaltensrollen der sado-masochistischen Art, für die das Kind von allen religiösen, politischen und wirtschaftlichen Herrschafts-Institutionen der Standeskultur bestätigt und belohnt wird.

Auf der Basis dieser Selbstlosigkeits-Lösung für das Überleben innerhalb einer Standeskultur ist durch einen industrialisierten kapitalistischen Massenkonsum ab 1960 eine nur scheinbar widersprüchliche egozentrische Konsumgewohnheit und Selbstorganisation des Kulturmenschen normal geworden. Der von der Kultur geforderte Massenkonsum wurde ab 1960 als notwendig und richtig angepriesen, um den Kapitalismus und seine materiellen Errungenschaften aufrecht zu erhalten und fortschrittlich zu fördern. Bis heute befolgt der normale Bürger dieses Narrativ, obwohl längst klar geworden ist, wie schädlich dieses Narrativ für den Menschen und für die Natur der Erde geworden ist. In dieser Hinsicht fehlt dem modernen Kulturmenschen daher auf eine schmerzhafte Weise die Konsequenz eines natürlichen Ichs, das in der Lage ist, nein zu einer offensichtlich immer problematischer werdenden Kulturagenda zu sagen.

Wir finden auch heute noch eine wirksame „Schwarze Pädagogik“ innerhalb der Kultur, die aus dem natürlichen Kind ein zunehmend künstlich sich verhaltendes, höriges Kulturwesen formt. Dieses Kulturwesen hat „zwei Seelen in der Brust“, die sich in einem ständigen inneren Kampf gegeneinander befinden, die eingeborene natürliche Seele und die „Seele“ einer widernatürlichen ständischen Kulturkonstitution. Durch diese „normale“ innere Verfassung des Kulturmenschen stellt die Standeskultur auch heute sicher, dass die Masse der Menschen in sich zerrissen, schwach und unselbständig bleibt. Nur durch diesen „Erfolg“ kann sich die Standeskultur auch unter den heutigen überaus komplex gewordenen kulturellen Lebensbedingungen nachhaltig aufrecht erhalten.

Bereits in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts haben gezielte soziologische Untersuchungen ergeben, dass ca. 65 % der Menschen in allen westlichen Kulturen eine Kultur- und Autoritätshörigkeit entwickeln, die auch die Ausführung von asozialen Handlungen gegen die Mitmenschen einschließt. Dadurch ist deutlich geworden, dass die traditionelle Anpassung des Menschen an eine widernatürliche und asoziale Standeskultur zu einem existenziellen Problem für den Menschen geworden ist. Erst wenn der heutige Mensch diese zentrale Konsequenz der Standeskultur begreift, wird ihm auch in einer ausreichenden Weise klar, dass er damit aufhören muss, seine Natur und die Natur der Erde zwanghaft zu „verbessern“ und sich stattdessen auf die Veränderung seiner Kulturkonstitution konzentrieren muss.

300 Jahre einer schwarzen, sadistischen Pädagogik der puritanischen und calvinistischen Art haben ihre Spuren in der westlichen Kultur hinterlassen, so dass noch heute viele Kinder als gebrochene autoritätshörige Wesen in die „Welt der Erwachsenen“ eingehen. Da die körperliche Züchtigung der Kinder bereits in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts erfolgreich mit einem Tabu belegt worden ist, erfolgt die pädagogische Erziehung der heutigen Kulturmenschen seit der Jahrtausendwende durch einen neoliberalen Medienkrieg, der die „richtigen“ Ansichten und das „richtige“ Verhalten des Kulturmenschen für die Standeskultur sicherstellt. Zudem sorgt die gegenwärtige Medienagenda dafür, dass der Mensch eine fundamentale politische Passivität und Gleichgültigkeit beibehält, um die Standeskultur durch das ungeschriebene Gebot „Du sollst nichts sehen, nichts hören und nichts sagen“ auch gegen jede Vernunft und bessere Einsicht aufrecht erhalten zu können. Durch die heutige positivistische kapitalistische Medienagenda, muss der natürliche Wille des Menschen nicht mehr in einer auffälligen Weise gebrochen werden, da diese Agenda dem masochistisch sich organisierenden Kulturmenschen die Aufrechterhaltung der Illusion einer schönen neuen materiellen Luxuswelt der Zukunft ermöglicht. Durch eine entsprechende selbständige „Optimierung“ der eigenen Verhaltensweisen setzt sich die Masse der einfachen Menschen heute über die Tatsache hinweg, dass die mittlerweile maßlos agierende kapitalistische Kultur die Natur des Menschen und die Natur der Erde in einer zunehmenden Weise überfordert.

Durch diesen tragischen „Erfolg“ der gegenwärtigen Standeskultur wird klar, dass der Mensch mit der Begründung der absolutistischen Hochkultur vor 5000 Jahren eine kulturelle Fehlentwicklung in Gang gesetzt hat, die sich bis heute fortschrittlich potenziert, so dass sie die menschliche Existenz zunehmend in einer grundsätzlichen Weise bedroht. Durch das ständige Streben nach einer absolutistischen zentralistischen Macht hat der Mensch ein übernatürliches und widernatürliches Machtstreben über alles Leben der Erde verwirklicht. Wir können dafür eine regelrechte Entwicklungslinie von einem ersten mesopotamischen Großreich (Sargon von Akkad 2350 v. Chr.), zum griechischen, römischen, englischen und amerikanischen Weltreich rekonstruieren, die dahin geführt hat, dass heute eine vergleichsweise geringe Anzahl von Menschen 80 % des Weltvermögens kontrolliert. Dabei hat das absolutistische, zentralistische menschliche Machtstreben heute nicht nur eine äußere globale Grenze, sondern auch eine innere gesellschaftliche Grenze durch die fortschrittliche Umsetzung einer totalitären Überwachungstechnik erreicht. Der Mensch kann diese Kulturentwicklung daher nicht länger im Sinne der Standeskultur durch ein „nichts sehen, nichts hören und nichts sagen“ ausblenden, ohne dass er sich dadurch in einer immer gefährlicher werdenden Weise selbst bedroht.

Der gegenwärtige globale Kulturprozess ist das Ergebnis einer grundlegenden kulturellen Fehlentwicklung, die dadurch entstanden ist, dass der Mensch seit 5000 Jahren in einer krankhaften Art danach strebt, eine relativ sich organisierende irdische Natur in einer totalitären Weise zu beherrschen. Der Mensch ist dadurch zu einem tragischen Wesen geworden, da sich der Versuch der irdischen Evolution, ein Wesen mit einem relativ freien Willen zu erzeugen, heute in einer tragischen Weise gegen die natürliche Evolution der Erde richtet. Erst hierdurch wird nachvollziehbar, von welcher Qualität eine Standeskultur ist und weshalb sie überaus schwerwiegende mentale und emotionale Schäden im Menschen hervorruft. Dadurch ist nicht nur der „Herrenmensch“, sondern auch der sich heute für eine maßlose kapitalistische Standeskultur fortschrittlich „optimierende“ hörige Dienermensch und Sklavenmensch für sich selbst und für die Natur der Erde zu einem existenziellen Problem geworden. Wie die Psychologie in den letzten 100 Jahren in einer hinreichenden Weise bestätigt hat, neigt der hörige masochistische Kulturmensch dazu, seine Kinder in einer oft für ihn selbst nicht nachvollziehbaren sadistischen Weise zu erziehen, so dass er sein „Kulturschicksal“ an seine Kinder weiter gibt. Erst diese ergänzende wichtige Feststellung macht hinreichend deutlich, welche Bedeutung die „Schwarze Pädagogik“ der Standeskultur und das damit einhergehende ungeschriebene Kulturgebot eines „nichts sehen, nichts hören und nichts sagen“ für den Menschen bis heute hat.

Es ist an der Zeit, dass sich der Mensch einen inneren Ruck gibt und sich auf eine bessere Kulturorganisation besinnt.

Eine weiterführende Beschäftigung mit dem Thema des Artikels ermöglichen die Bücher: „Die Geschichte der kulturellen Fehlentwicklung“, „Die Befreiung von der Standeskultur“ und „Die notwendige ideologische Reinigung des Menschen“. Informationen dazu finden Sie auf der Internetseite: www.die-geschichte-der-kulturellen-fehlentwicklung.de

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Friedensforscher und Autor
Wolfgang Hauke
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