Kraut oder Unkraut

Pünktlich zum Wochenende wieder eine kleine Geschichte für Euch. Viel Spaß damit!
Kraut oder Unkraut
Oma und Axana kochen Marmelade ein. Die 11-Jährige ist mit rotglühenden Wangen und Feuereifer dabei.
Die Zwillinge spielen im Garten Ball. Doch es soll nicht lange so friedlich bleiben.
„Über die Blaubeermarmelade wird Nepomuck sich besonders freuen. Schade, dass er grad nicht hier ist. Wir heben ihm welche …“
Aus dem Garten ertönt lautes Geheul.
„Axana, schaust du mal bitte nach?“, seufzt Oma.
Der kleine Max springt schreiend auf das Häuschen zu. Sein Gesicht ist tränenverschmiert.
„Was ist denn?“ Axana versucht, ihren Bruder am Arm festzuhalten, doch der reißt sich los und stürmt in die Küche.
„Das blöde Unkraut“, ist alles was man versteht.
Lily lässt den Ball fröhlich auf und ab hopsen.
„Habt ihr euch gezofft?“, fragt Axana.
„Nö, Max ist nur in die grünen Pflanzen da hinten gefallen.“ Die Kleine zuckt ungerührt die Schultern und deutet auf die Brennnesseln, die sich an der Mauer so richtig schön ausgebreitet haben.
Die große Schwester kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Na, dann komm mal mit rein. Es ist Zeit für einen Kakao, meinst du nicht auch?“
In der Küche versucht Oma, den kleinen Max zu trösten. Sie hat seine Beine mit kaltem Wasser gewaschen und trägt nun den Saft der Aloe Vera auf. Mit solchen Sachen kennt die Großmutter der drei sich aus. „Warum machst du denn das Unkraut nicht aus dem Garten weg?“, empört sich der Junge gerade.
„Setzt euch mal hier zu mir auf die Bank“, sagt die alte Frau.
„Unkraut ist so ein Begriff der Menschen für Pflanzen, die sie nicht in ihrem Garten haben wollen. Es wächst wild, was aber nicht heißt, dass es nutzlos ist. Alles in der Natur hat seinen Sinn. In jedem Kraut oder Unkraut stecken geheimnisvolle Kräfte.“
„Und für was ist die Brennnessel gut?“, fragt Lily interessiert, während Axana zwei Tassen mit dampfendem Kakao auf den Tisch stellt.
„Nun, die Brennnessel wirkt entzündungshemmend, entgiftet den Körper und enthält viel Folsäure sowie Eisen. Man kann sie wunderbar im Salat verwenden oder auch Tee daraus kochen.“
„Ja, aber die brennt doch alles kaputt“, jammert Max. „Wie soll man die denn überhaupt pflücken?“
„Du kannst Handschuhe anziehen oder sie einfach geschickt von unten greifen. Die Brennhaare befinden sich nämlich am Stiel und stehen leicht nach oben.“
„Nimm lieber Handschuhe“, rät Axana ihrem Bruder und grinst. Er ist nämlich eher tollpatschig als geschickt.
„Was kann man noch mit Brennnesseln machen?“, bohrt Lily nach.
„Nun, zum Beispiel Dünger aus der Jauche“, weiß Axana.
Lily rümpft das Näschen. „Das ist keine schöne Pflanze“, stellt sie fest.
„Du magst doch Schmetterlinge?“ Oma schaut ihre Enkelin lächelnd an, als diese jetzt heftig nickt.
„Nun, ohne Brennnesseln wäre es schlecht um die geflügelten kleinen Wesen bestellt. Sie bieten nämlich reichlich Nahrung für die Raupen. Wo Brennnesseln sind bleiben unsere anderen Pflanzen im Garten verschont. Brennnesseln wachsen auf nährstoff- und humusreichem Boden. So weiß ich immer, wo ich meine Tomaten, Gurken, Zucchini und Paprika pflanzen muss.“
Sie schaut aufmerksam in die staunenden Kindergesichter.
„Wer kennt denn noch ein anderes so genanntes Unkraut?“
„Löwenzahn“, meldet sich Axana zu Wort. „Hilft bei Bauchweh und Blähungen. Schmeckt gut im Salat!“
„Richtig“, bestätigt Oma.
„Gänseblümchen“, sagt Lily zaghaft.
„Quatsch!“, kontert Max.
„Lily hat Recht“, lächelt Oma. „Die Blüten schmecken leicht nach Nüssen, und man kann sie auch als Tee aufbrühen. Vielleicht weißt du ja auch noch ein Unkraut, Max?“
Aber der Junge hat genug vom Rätselraten.
„Ich möchte jetzt lieber was aus Brennnesseln machen!“
„Dann kochen wir heute mal eine Brennnesselsuppe“, entscheidet Oma. „Allerdings müsst ihr mir dazu erst frische Brennnesseln aus dem Garten holen.“
Max ist sofort bereit. Auch wenn es inzwischen nicht mehr ganz so stark brennt, findet er es nur gerecht, dass er seinen Peinigern nun zu Leibe gehen und sie dann aufessen darf.
Aus dem Buch „Nepomucks und Finns Schlemmerbalkon“
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©byChristine Erdic
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Die deutsche Buchautorin Christine Erdic lebt zur Zeit hauptsächlich in der Türkei.
Beruflich unterrichtet sie in der Türkei Deutsch für Schüler (Nachhilfe), sie gab
Sprachtraining an der Uni und machte Übersetzungen für türkische Zeitungen.
Mehr Infos unter Meine Bücher- und Koboldecke
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