Leseprobe aus „SCHATTENGLÜCK - BIJELA KUĆA“ von Renate Zawrel
Verfasser: Kummer on Tuesday, 11 June 2019Heute war Amelys letzter Arbeitstag für diese Woche. Die Mailbox hatte sie bewusst nicht abgehört. Sie konnte sich denken, was sie dort zu hören bekäme.
Marianne, die sich am Abend zuvor aus ihrem Urlaub zurückgemeldet hatte, meinte überdies, dass sie ab nun Telefonate oder Nachrichten mit abhören und SMS lesen wolle. Je mehr sie gegen IHN in der Hand habe, desto besser.
Gemeinsam mit einer ihrer Kolleginnen hastete Amely zum Parkplatz. Am letzten Arbeitstag fuhr sie gewöhnlich mit dem Auto zur Arbeit, um auf dem Heimweg Einkäufe erledigen zu können. Es war bitterkalt und sie sorgte sich um den Motor ihres Vehikels, der nicht mehr der lauffreudigste war.
Renate Zawrel: "Schattenglück: Bijela ku´ca" (Karina Verlag, 2016)Hinter der Hecke erwartete sie ein Schock ohnegleichen. Sie erstarrte in der Bewegung; auch die Kollegin schlug sich entsetzt die Hand vor den Mund: Dort stand ein reifenloses, ehemals weißes Auto, besprayt mit ordinären Sprüchen.
Amely liefen die Tränen übers Gesicht. Wie ein Häufchen Elend stand sie vor dem zerstörten Wagen.
Tröstend nahm die mitfühlende Kollegin sie in den Arm. „Soll ich dich irgendwohin mitnehmen? Vielleicht holen wir deinen Zug noch ein, dass du wenigstens nach Hause kommst“, bot sie an, die nicht einmal entfernt ahnte, dass der Dreckskerl, der sich hier ausgetobt hatte, Amelys Mann gewesen war.
„Danke … aber … ich weiß mir schon … zu helfen“, wehrte Amely schluchzend ab.